Rede: Tag der Jugend 2023


Bevor wir den Redebeitrag verlesen, eine kurze Warnung. Der Text dreht sich um
Polizeigewalt, diese wird an einer Stelle auch explizit beschrieben. Fühlt ihr euch
damit unwohl, wendet euch an das Awarenessteam, oder geht kurz außer hörweite.

Der erste Juni ist, wenn auch nicht weltweit, seit einiger Zeit neben dem 20.
September als internationaler Kindertag angesehen. Neben verschiedenen
Veranstaltungen rum um das Thema Kinderrechte, werden viele Kinder heutzutage
mit kleinen Geschenken erfreut. Doch wir möchten diesem Tag einen weiteren Sinn
verleihen, denn uns ist nicht nach Geschenken zumute. Für uns, ist der 1. Juni auch
ein Tag der Jugend, denn auch wir erleben tagtäglich Ungerechtigkeiten. Sei es,
dass unsere Bildung massiv vernachlässigt wird, unsere Zukunftschancen immer
schlechter aussehen, junge Flinta* Stündlich Opfer von sexualisierter Gewalt werden,
immer mehr Jugendliche durch Bullen als Handlanger*innen des Staates
kriminalisiert werden, oder dass uns einfach mal wieder nicht zugehört wird, was wir
zu sagen haben. Denn wir sind nicht nur zukünftige Arbeitskräfte, die schon bald
kräftig für den Profit einiger weniger Ackern können, wir alle haben eine Stimme, die
endlich wieder gehört werden soll.

Jeden verdammten Tag machen die Bullen und der Staat uns das Leben schwer.
Hier ein paar Beispiele: Seit inzwischen knapp 3 Jahren demonstrieren
Schwurbler*innen, Rechtsextreme, Antisemit*innen und Faschist*innen montäglich in
der Innenstadt und verbreiten ihre wirren und hetzerischen Inhalte nahezu ungestört.
Gab es gegen die rechte Melange anfänglich noch relativ konstanten Gegenprotest,
der auch von anderen Teilen der Bevölkerung getragen wurde, sind es von damals
bis heute immer noch hauptsächlich Jugendliche Antifaschist*innen, die sich den
aktuell immer gewaltbereiter wirkenden Aufmärschen, entgegenstellen. Und nicht nur
sind sie Gewaltandrohungen und tatsächlichen Angriffen von Faschos ausgesetzt.
Jede Woche werden sie aufs Neue auch von Bullen schikaniert, verprügelt und mit
den absurdesten Repressalien überzogen. Inzwischen nehmen sich die Bullen sogar
heraus, offensichtlich Minderjährige beim Namen zu nennen und ihnen
beispielsweise zu drohen, sie persönlich nach Hause zu fahren oder aufzusuchen.
Zieht das nicht, gibt’s auch mal schnell Gewaltandrohungen der übelsten Sorte. Doch
eigentlich sollte uns das nicht verwundern. Dass Bullen uns immer feindlich
eingestellt sind, liegt in der Natur ihres Jobs. Auf einen Eid geschworen, sind sie
dazu da, die Interessen des Staats und Kapitals ohne nachzudenken durchzusetzen.
Und dass sich dann ganz zufällig ein Haufen Rechtsextreme in eine Uniform
zwängen, um ihre Macht- und Gewaltphantasien auszuleben, scheint immer
glaubhafter zu werden, wenn man sich eben Beispielswiese anschaut, was jeden
Montag so auf dem Leipziger Ring los ist. Immer wieder werden neue rechtsextreme
Netzwerke innerhalb der Polizei aufgedeckt, gestohlene Waffen bei rechten Preppern
aufgefunden, Racial Profiling wird zu einer legitimen Praxis gemacht. Doch das alles
interessiert keinen, denn „wen würdest du denn rufen, wenn jemand bei dir
einbricht?“. Solange du vorzüglich weiß und männlich bist, solange du brav den
Gesetzen folgst, die uns angeblich schützen, wirst du häufig wahrscheinlich kein
Problem mit Bullen haben. Doch bist du das alles nicht, willst du dir eine alternative
Lebensrealität abseits der uns aufgezwängten Normen schaffen, möchtest du
offensiv gegen das Kapital und Faschismus kämpfen, stehst du im Visier der Bullen
und wirst vom Staat kriminalisiert. Ein weiteres Beispiel dazu sind all die
kriminalisierten Aktivisti in Waldbesetzungen, die gegen die Zerstörung unserer
Umwelt kämpfen oder Menschen, die mit kreativen Ideen die Maschinerie des Profits
zu Lasten unseres Planeten sabotieren. Wir müssen uns mit ihnen unbedingt
solidarisieren, denn nur zusammen sind wir am stärksten.

Dieses System, das ausschließlich auf der Ausbeutung von Menschen beruht,
versucht sich mit aller Kraft am Leben zu halten. Wer sich dem in den Weg stellt,
sieht sich mit einer militärisch aufgerüsteten Polizei konfrontiert, welche sämtlichen
Widerstand zu unterdrücken versucht. Das sieht man schon an den neuerlichen
Repressionen gegen die Letzte Generation. Man mag von ihnen halten was man
möchte, und sollte sie auch kritisch betrachten, aber es sind größtenteils junge
Menschen, die versuchen, sich der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen in den
Weg stellen. Und dabei wählen sie einen unfassbar friedlichen und entspannten
Protest. Und wem schaden sie denn bitte? Der einzige Schaden, den sie
verursachen ist, dass Menschen mal eine Stunde zu spät zum Ausbeutungsplatz
kommen. Medien und Polizei haben lange vorbereitet, was sie jetzt in die Tat
umsetzen. Friedlichen, zivilen Protest als schlimm und terroristisch zu framen, um
jetzt ihr hartes durchgreifen in der Gesellschaft rechtfertigen zu können.

Doch genug von den problemen einiger Privilegierter reicher Kinder. Die
Jugendlichen, die die Gewalt durch die Polizei am härtesten trifft, sind jene mit
scheinbarem Migrationshintergrund oder psychischen Problemen. Letztes Jahr
wurde in Dortmund der 16-Jährige Mohammed, welcher sich wohl in einer
psychischen Ausnahmesituation Befunden haben soll, zunächst von mehreren Cops
mit Pfefferspray und Tasern attackiert, direkt darauf folgten mehrere Schüsse aus
einer Maschinenpistole. Anfang dieses Jahres schießt ein Polizist in Berlin auf eine
14-Jährige, der Ladendiebstahl vorgeworfen wurde. Vor einem halben Jahr schießen
Cops in Dortmund ohne Vorwarnung auf einen siebzehnjährigen, dessen Auto sie
gestoppt hatten. Und das sind nur wenige Beispiele aus dem letzten Jahr, bei denen
Bullen unbegründet auf minderjährige schießen. Die Gemeinsamkeit? Die Polizei hat
nie Schuld. So zumindest versucht es der Staat und die Medien darzustellen. Schuld
sollen immer die anderen, die „agressiv“, oder „auf Drogen“ gewesen seien sollen
oder angeblich ein Messer dabei gehabt hätten. Dass in vielen Situationen
überforderte, gewaltbereite Menschen in Machtpositionen gestellt und Waffen in die
Hand gedrückt bekommen, stellt hierbei niemand in Frage.

Die Polizei ist nicht da um uns zu helfen, sie ist nicht da um uns zu unterstützen. We
dont call the Cops!

Und auf die Politik ist genauso wenig Verlass. Wir haben es satt, dass weiße Ü60
Männer bestimmen, was gut für uns sein soll und was nicht. Unsere Stimmen sollen
endlich wieder gehört werden, denn wir sind die, die eure Scheiße eines Tages
ausbaden müssen und das gerade biegen, was ihr verbockt habt.

Hier und heute sieht man mal wieder, was die Politik davon hält, wenn Jugendliche
auf die Straße gehen, um gehört zu werden und um ihre Probleme öfffentlich zu
machen. Was sollen die ganzen Bullen hier? Es kann uns doch niemand erklären,
dass sie da sind um uns zu beschützen! Wir brauchen euch nicht, verpisst euch!
Wir müssen uns selbst schützen und für einander da sein. Wir müssen Belange, die
uns wichtig sind laut, kraftvoll und selbstbestimmt auf die Straßen tragen. Wir
müssen uns selbst wieder eine Stimme geben. Deshalb, organisiert euch, bleibt
unversöhnlich mit dem Staat und dessen Handlanger*innen. Sie wollen uns klein
halten, denn sie wissen, wenn wir zusammenstehen, können wir sie brechen! Seid
Solidarisch miteinander und bleibt kämpferisch! 1. Juni Tag der Jugend, Wiederstand
ist eine Tugend!