Redebeitrag von Aktion Antifa Leipzig (04.06.2022)

Gestern Wöller, heute Schuster.

Unser Ex-Innenminister Roland Wöller wurde am 22. April aus seinem Amt entlassen. Der Grund: zahlreiche Skandale innerhalb seiner Behörden. Neben monatlichen Meldungen über rechtsradikale Polizist*innen oder durch von Beamten gestohlene Munition und Ausrüstung, schien die von Wöller praktizierte Vetternwirtschaft das Fass zum Überlauf gebracht zu haben. Wöller hat sein Image derartig zerstört, dass seine Außenwirkung selbst für die CDU nicht mehr tragbar gewesen ist.

Dass es nach 30 Jahren CDU-Regierung tatsächlich zu der Entlassung eines unfähigen Ministers aus den eigenen Reihen gekommen ist, ist eine absolut beachtliche Ausnahmeerscheinung. Schade nur, dass Skandale wie die eskalierte Querdenken-Demonstration am 07.11.2020, die fahrradstehlenden Cops und das rechtswidrige Sammeln von personenbezogenen Daten durch den Verfassungsschutz dafür nicht ausreichten.

Unter Wöller mussten wir eine massive Zunahme an Repression gegen Antifaschist*innen, die Verschärfung des Polizeigesetzes sowie die Gründung der Soko Linx erleben. Dieser Sonderkommission verdanken wir unter anderem, dass der Prozess um die Antifaschistin Lina derartig hochgespielt und als Linksterrorismus inszeniert wurde. Solch ein Antilinker Kurs ist leider kein Wöllerspezifisches Konzept, sondern wird vom neuen Innenminister Schuster genauso fortgeführt werden.

Bereits in seiner ersten Ansprache im Landtag kündigte Schuster eine massive Personalaufstockung in der Polizei an. Zudem erklärte er, rechtliche Handlungsspielräume von Polizei und Verfassungsschutz nicht mehr zum Vorteil von angeblichen Extremisten auslegen zu wollen. Zitat: „Wo deeskalierendes Verhalten der Polizei nicht verstanden oder missbraucht wird, muss Stärke gezeigt und Regelverstößen mit niedrigen Einschreitschwellen begegnet werden.“

Und auch in der Vergangenheit äußerte sich Schuster nicht weniger abfällig über linken Aktivismus.

Armin Schuster ist ein ehemaliger Bundespolizist und saß 11 Jahre lang für die CDU im Bundestag. Bis zu seinem Wechsel nach Sachsen war er Leiter des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Seit 2015 galt er als einer der schärfsten Kritiker der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel und plädierte 2016 für eine „Abschiedskultur“ bei Menschen ohne Asylanspruch. Schuster setzte sich wiederholt massiv für erleichterte Abschiebungen ein und forderte einen stärkeren Grenzschutz. Er geht davon aus, dass Menschen, die eine Abschiebung bewusst verhindern, Sozialleistungen gekürzt werden können und sieht Ausländer und Asylbewerber als Gefahr an.

Der CDU-Innenpolitiker gilt als Hardliner in Sicherheitsfragen und forderte einen strikteren Umgang mit vermeintlichen Linksextremisten. Aufgrund von angeblichen rechtsstaatsfeindlichen Aktivitäten forderte er beispielsweise ein Vereinsverbot der Roten Hilfe durch das Bundesinnenministerium.

Nach dem G20-Gipfel 2016 in Hamburg meinte er, dass sich die „sogenannten Links-Aktivist*innen auf eine Stufe mit gewaltbereiten Nazis gestellt“ und daher die gleiche Behandlung verdient hätten. Zudem plädierte er für eine konsequente Räumung linker Zentren.

Nach den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz im August 2018 stellte Schuster sich hinter den Rechtsradikalen und ehemaligen Verfassungsschutzchef Hans Georg Maaßen, der die Hetzjagden verharmloste und nahm ihn in Schutz. Horst Seehofer u.a. schlug Armin Schuster als Nachfolger von Maaßen vor, jedoch legte selbst Angela Merkel dagegen ein Veto ein.

In Bezug auf die Geschehnisse Silvester 2019/2020 in Connewitz sprach Schuster von „vorhersehbaren Gewaltexzessen”. Er meinte, dass die Behörden in Leipzig ein zu deeskalatives Verhalten an den Tag legten und, dass sich die Frage stelle, ob die Behörden noch in der Lage seien Recht und Ordnung durchsetzen zu können.

Außerdem sprach er sich für den Ausbau von biometrischer Gesichtserkennung aus.

In Zukunft ist daher auch unter Schuster mit weiteren Verschärfungen von Repression und Kriminalisierung antifaschistischen Engagements in Sachsen zu rechnen.

Deswegen sind wir heute hier, weil die sächsische Landesregierung einen neuen Kopf auf denselben Körper steckt, weil sie alles dafür tut, dem Ruf, als rassistischstes und rechtestes Bundesland weiter zu befeuern. Die Gesichter der Politik können sich ändern, die repressiven und konservativen Grundzüge aber bleiben umfassend bestehen.

Wir werden uns von solch einem aggressiven Staatsapparat nicht als Kriminelle abstempeln lassen. Wir werden uns dieser Politik und dem ihr zugrunde liegenden Gesellschaftsentwurf widersetzen bis sie aufhört, linke Aktivist*innen als Gefahr darzustellen und sie politisch zu verfolgen.

Wir widersetzen uns der Repression der Konservativen, der Ignoranz der angeblichen politischen Mitte und dem neofaschistisch gesinnten neuen Minister.

Kampf den sächsischen Zuständen! Freiheit für Lina und für alle politischen Gefangenen. Soko Linx auflösen! Schuster absetzen!