Redebeitrag von Aktion Antifa Leipzig (15.08.2022)

Wir sind heute hier, um der Opfer zu gedenken, die durch die Polizei ermordet wurden.

Die Opfer, das waren People of Colour, Obdachlose und suizidgefährdete Personen. Personen, denen potentiell geholfen werden muss.

Diese Rede handelt von Polizeigewalt, Mord, Suizid und beschreibt detaillierte Tathergänge. Deshalb sprechen wir eine deutliche Triggerwarnung für diesen Redebeitrag aus. Wir wollen euch jetzt die einzelnen Fälle zusammenfassen:

Am 2. August erschossen Beamt*innen des Sondereinsatzkommandos im Frankfurter Bahnhofsviertel einen obdachlosen 23-jährigen Somalier. Bekannt ist bisher nur, was das Hessische Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft berichteten: Demnach sei die Polizei gerufen worden, weil ein Mann in einem Hotel zwei Frauen bedroht habe. Mit einem Messer bewaffnet, habe er beim Eintreffen des SEK einen Polizeihund verletzt. Gegen vier Uhr früh wurde der junge Mann mit einem Kopfschuss regelrecht hingerichtet. Weitere Infos zu dem Fall gibt es nur wenig bis keine.

Am darauffolgenden Tag wurde bei einer Zwangsräumung in Köln der stadtbekannte russische Musiker Jozef Berditchevski von Polizeikugeln tödlich getroffen. Er soll gegen die Zwangsräumung seiner Wohnung Widerstand geleistet und ein Messer in der Hand gehalten haben. Die Polizist*innen setzten daraufhin Pfefferspray ein und machten schließlich von der Schusswaffe Gebrauch, woraufhin der Mann starb. Nun untersucht die Staatsanwaltschaft die genauen Umstände. Der Mieter war bereits bei den Behörden bekannt, da er schon zuvor angekündigt hat, im Falle einer Zwangsräumung Suizid begehen zu wollen.

In der Nacht des 7. August nahm ein Polizeieinsatz in Oer-Erkenschwick bei Recklinghausen ein tödliches Ende. Ein 39-Jähriger soll in seiner Wohnung randaliert haben. Die herbeigerufenen Polizist*innen gingen mit Pfefferspray auf ihn los und „fixierten“ ihn, worauf er das Bewusstsein verlor und kurze Zeit später verstarb. Die genaueren Umstände sind derzeit unklar.

Vor genau einer Woche dann, am Montagnachmittag, dem 08. August, erschoss die Polizei in Dortmund den sechzehnjährigen Mouhamed D. Bei dem Jugendlichen handelte es sich um einen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten aus dem Senegal. Ein Betreuer der Jugendeinrichtung, in der Mouhamed wohnte, alarmierte die Polizei, weil dieser mutmaßlich mit einem Messer hantierte.

Einen Tag zuvor hatte er, aufgrund von Suizidgefahr, auf eigenen Wunsch hin eine psychiatrische Klinik besucht. Der Betreuer versprach sich von dem Notruf wohl eigentlich Hilfe für den suizidgefährdeten Mouhamed. Stattdessen rückten 11 schwerbewaffnete Beamt*innen an, die den Jungen erst mit Pfefferspray und dann mit Elektroschockern attackierten. Kurz darauf folgten sechs Schüsse. Der Jugendliche wurde im Bauch, Unterarm, in der Schulter und ins Gesicht getroffen. Wenig später verstarb er im Krankenhaus.

Aufgrund der beiden zuletzt genannten Fälle in Recklinghausen und Dortmund laufen nun Ermittlungen. Aus sogenannten Neutralitätsgründen machen das die beiden Polizeidirektionen gegenseitig. Im Fall des getöteten Mannes in Recklinghausen führt die Polizei Dortmund die Ermittlungen und im Fall des in Dortmund getöteten Mouhamed die Polizei Recklinghausen.

Es bedarf hierfür wirklicher neutraler Untersuchungsstellen, die unabhängig von Polizei und Staatsanwaltschaft Ermittlungen führen können. Wir fordern eine konsequente  und lückenlose Aufklärung dieser Tötungen!

Die vier durch die Polizei in Deutschland getöteten Menschen starben innerhalb von nur einer Woche. Die Zahl solcher Vorfälle stieg damit dramatisch an.

Auffällig dabei: meist sind Menschen aus marginalisierten Gruppen von dieser unverhältnismäßigen Polizeigewalt betroffen. Es zeigt sich auch hier wieder, dass die Polizei ein gewaltiges Problem mit Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat.

So wurde Jozef Berditchevski getötet, weil er nicht akzeptieren wollte, dass ihm seine Wohnung genommen wird. Wir sehen daran folgendes: Hauptzweck der Polizei ist es, das ungerechte kapitalistische System und das Privateigentum, wie das der Wohnungseigentümer*innen und deren Profite, mit Gewalt zu schützen. Der Tod des Musikers ist dabei nur trauriges Symptom einer alltäglichen Praxis eines menschenfeindlichen Systems.

Die Opfer befanden sich in psychischen Ausnahmesituationen und brauchten offensichtlich psychologische Hilfe. Statt diese bereitzustellen, setzt der Staat auf eine hochgerüstete Polizei mit Tasern und Maschinenpistolen. Das ist eine klare Verletzung der Menschenwürde, die ja laut Verfassung, an die sich alle Verantwortlichen halten müssten, unantastbar ist.

Es macht uns so wütend, dass wir zuschauen müssen. Zuschauen, wie Bullen morden, wie der Staat die Taten machtgeiler Polizist*innen akzeptiert und diese gewähren lässt. Es treibt uns in Rage, dass die Polizei keine Hilfe leistet, sondern sie sogar aktiv verwehrt.

Lasst uns hier und heute unseren Hass auf die Straßen tragen, die Enttäuschung, die Wut. Lasst uns der Opfer von Polizeigewalt und Morden gedenken. Es kann nicht sein, dass Bullenschweine hier und überall auf der Welt Menschen töten. Ob das Obdachlose, People of Colour, queere Personen oder andere sind.

Die Fälle häufen sich und wir werden nicht mehr länger zusehen.

 

Justice for Mouhamed und allen anderen Opfern von Polizeigewalt! No justice, no peace!