Miethaie trockenlegen – Gentrifizierung entgegentreten

Im Rahmen unserer zweiten intersektionalen Kiezdemo zum Thema Gentrifizierung haben wir einen ausführlichen Text zu dem Thema verfasst. Darin thematisieren wir den Prozess der Gentrifizierung mit besonderem Fokus auf den Leipziger Westen, sowie mit einigen wichtigen Akteuren der Immobilienbranche.

Gentrifizierung ist per Definition die „Aufwertung eines Stadtteils durch dessen Sanierung oder Umbau mit der Folge, dass die dort ansässige Bevölkerung durch wohlhabendere Bevölkerungsschichten verdrängt wird“. Mit anderen Worten, die Anwohner*innen, die ein Viertel prägen und es mitgestalten, werden durch jene – meist aus einkommensstärkeren Gruppen kommenden – verdrängt, die das Viertel „hip“ finden. Dadurch zerstören sie den Charakter des Viertels und den Grund, weshalb sie überhaupt dort hin ziehen.

Was bedeutet das nun in der Realität?
Gentrifizierung drückt sich in den Vierteln auf unterschiedlichste Weisen aus. Im allgemeinen läuft sie in mehreren Phasen ab. Zunächst entwickelt sich ein Kiez durch die Menschen die dort leben, sie führen kulturelle Projekte durch, betreiben Kneipen und kleinere Läden und bauen gemeinsam ihr Viertel nach ihren Vorstellungen auf. Meist drückt sich das durch einen höheren Anteil an Kultur
und Begegnungsstätten aus. Die Läden im Kiez werden von Bewohner*innen betrieben und von Bewohner*innen genutzt. Jedes Viertel hat einen ganz eigenen Charakter, der sich beispielsweise auch durch Straßenkunst und eine alternative Szene ausdrücken kann.

In der zweiten Phase beginnen Menschen aus einkommensstärkeren Schichten sich für das Viertel zu interessieren, da sie von dessen individuellen Charakter angezogen werden. Es bildet sich ein stärkerer Zuzug. Immobilienmakler*innen und Spekulant*innen bemerken diesen Prozess und wittern großen Profit durch die reicheren Menschen. Es wird vermehrt in das Viertel investiert, Häuser und Grundstücke werden von Zugezogenen und Makler*innen aufgekauft. Durch die stark steigende Nachfrage beginnen auch die Preise für Immobilien und Grundstücke zu steigen, im gleichen Zug steigen auch die Mieten. Bereits hier beginnt die Verdrängung der ursprünglichen Einwohner*innen, schlicht und einfach, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten können.

Mit der Zeit beginnt dann die dritte Phase einzusetzen. Mit den steigenden Mieten und Preisen können sich die bereits angesprochenen Geschäfte von Einwohner*innen nicht mehr halten, kleine Geschäfte und Läden müssen schließen und werden durch Marktketten und profitablere, von reicheren Menschen geführte Geschäfte ersetzt. Das Viertel wird immer stärker modernisiert und umgewandelt. Das kann sich auf unzählige Arten zeigen – doch jede davon steigert im Endeffekt
die Attraktivität des Viertels für Reiche und die durchschnittlichen Mieten. Neue Häuser werden gebaut, alte Häuser abgerissen oder saniert und modernisiert, Kulturzentren, die nicht auf Profit ausgelegt sind, müssen schließen, an die stelle der Kiezkneipe kommt ein C&A, die Brache, auf der Konzerte und Treffen stattfinden konnten, wird zu einem Einkaufszentrum. Das gesamte Viertel wird auf den Kopf gestellt. Die Ursprünglichen Bewohner*innen werden verdrängt, rausgeschmissen oder ziehen aus, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten können, oder weil sie
nicht ertragen können, wie das Viertel, das sie selbst geprägt haben, immer mehr zu einem Reichenviertel wird. Der Charme des Viertels, der Grund, warum immer mehr Menschen zugezogen waren, wurde durch ebendiese zerstört.

In der vierten Phase wird die Gentrifizierung abgeschlossen, das Gebiet dient Spekulant*innen als sichere Kapitalanlage und generiert massiven Profit für diese. Immer einkommensstärkere Gruppen ziehen ein.
Vom ursprünglichen Kiez ist nichts mehr erhalten. Die Graffitis sind weg, eine Bullenwache steht da, wo früher der Wagenplatz war, das Viertel gilt jetzt als „sicher“ und „modern“. Ein steriler Ort für die Reichen, wo sie sich wohlfühlen können und sich abgeschottet von Kultur und der ärmeren Bevölkerung in den Tempeln des Kapitals ihrem Konsumwahn hingeben können.

In Leipzig findet sich das Phänomen der Gentrifizierung in nahezu jedem Viertel wieder.
Um zunächst mit ein paar Statistiken um uns zu werfen:
Von 2013-2023 ist die Bevölkerung in Leipzig um ca. 100.000 Einwohner*innen gewachsen – eine Steigerung um fast 20%.
Im gleichen Zeitraum stiegen die sog. Angebotsmieten – also die Miete die man zahlt wenn man neu in eine Wohnung einzieht – um fast 50% (!), von ca. 5€/qm auf 7.5€/qm.
Auch die sog. Bestandsmieten – die Miete die man zahlt wenn man bereits in einer Wohnung wohnt stieg um über 20%, von ca. 5€/qm auf 6.5€/qm.
Am heftigsten betroffen davon war Plagwitz, einer der Gründe, weshalb unsere Demonstration durch den Leipziger Westen ziehen wird. Dort stiegen die Bestandsmieten um satte 49%! In etwa doppelt so stark wie im Rest von Leipzig.
In einfache Worte gefasst: In den vergangenen Jahren wurden die Mieten in Plagwitz um die Hälfte erhöht. Zahlte man Beispielsweise 2013 noch 500€ Miete pro Monat, sind es dieses Jahr schon 750€.
Wie soll man sich das bitte leisten können?
Diese enorme Preissteigerung ist die direkte Folge der massiven Gentrifizierung, die in den letzten Jahren besonders den Leipziger Westen betraf.

Im folgenden wollen wir auf einige Projekte genauer eingehen, die in den vergangenen Jahren dort durchgeführt wurden oder aktuell noch in Planung sind. Dabei befassen wir uns auch mit einem der bekanntesten Akteure der Immobilienwirtschaft: Christoph Gröner und die CG-Gruppe.

Die CG-Gruppe wurde im Jahr 1995 als Immobiliengesellschaft von Christoph Gröner gegründet. Diese beschäftigt sich vor allem mit der Sanierung von Altbauten sowie dem Neubau, insbesondere Mietwohnungen und Wohnviertel. 2020 ging die CG-Gruppe an die „Consus Real Estate“ über, welche wiederum zu über 90% im Besitz der „Adler Group“ ist. Christoph Gröner legte seinen Vorstandsvorsitz ab, blieb aber natürlich im Immobiliengeschäft und übernahm den Posten des Geschäftsführers der „Gröner Group“, welche er schon Jahre zuvor gegründet hatte sowie der „CG-Elementum“. Er verkaufte seine restlichen Anteile an der CG-Gruppe und erhielt mit diesem Deal 17 sog. Entwicklungsprojekte, also große Bauprojekte, in Leipzig bspw. die „Plagwitzer Höfe“.
Alleine in Leipzig sind nach Schätzungen ca. 20% der Neubauten von der CG-Gruppe bzw. der Gröner Group. Doch sie bauen nicht nur einzelne Häuser, oder sanieren Altbauten. Besonders spezialisiert ist die CG-Gruppe auf moderne Stadtquartiere. Diese sollen eine moderne Form des Wohnens sein, möglichst autarke, moderne Luxuswohnungen, mit teuren Geschäften dazwischen. Besucht man diese Quartiere, oder schaut sich die Konzepte näher an, so wird einem klar, dass sie keine alternative Form des gemeinsamen Lebens sein sollen. Im Gegenteil, Orte der Individualität,
der Kultur und der Gesellschaft verschwinden, an ihre Stelle kommen anonyme und sterile Luxusbauten, grau-weiße, saubere Straßenzüge, dazwischen ein Biomarkt. Von Alternativität und Kultur fehlt jede Spur. Das sollen Orte sein, in denen Reiche unter sich sein können, der Großteil der Gesellschaft kann sich die Mieten dort ohnehin nicht leisten, selbst wenn Menschen dort gerne wohnen wollen.
Wenn den Plänen der Immobilienwirtschaft und des Kapitals jemand im Weg ist, beispielsweise kulturelle Zentren, besetzte Häuser oder ein Wagenplatz, so werden die Grundstücke und Immobilien aufgekauft und – unabhängig davon, welchen kulturellen Wert diese für das Viertel bieten oder wie viele Menschen dort leben, verdrängt. Sind die Menschen dort widerständig und widersetzen sich den Interessen des Kapitals, so werden die bewaffneten Armeen des Kapitalismus – die Polizei – geschickt und mit Gewalt geräumt.
In all dem zeigt sich nicht nur das Verlangen nach immer mehr Profit, welches quasi jede*n Immobilienmakler*in, jede*n Spekulant*in und jede*n Investor*in begleitet, sondern auch die Lebensfeindliche, kapitalistische und konservative Grundhaltung, die diese verfolgen.Das ganze sieht man auch am Beispiel Christoph Gröner. Dieser gibt sich mittlerweile aus PR-Gründen als „nachhaltig“, umweltfreundlich“ und „sozial“. Kann man es als sozial bezeichnen, wenn man Steuern in Millionenhöhe hinterzieht und damit einfach Formuliert, der Gesellschaft massiv Geld stiehlt? Geld, das in Kindergärten, besseren ÖPNV, oder Krankenhäuser investiert
werden könnte?
Im Jahr 2018 musste sich Christoph Gröner deshalb vor dem Amtsgericht Leipzig verantworten. In mehreren Fällen sei „ein Gesamtschaden im unteren sechsstelligen Bereich entstanden“. Aber natürlich – immerhin ist er reich – wurde das Verfahren unter der Auflage eingestellt, dass er den Betrag innerhalb von sechs Monaten zurückzahlt. Mit anderen Worten: Er hat versucht, die Gesellschaft um mehrere Millionen Euro zu betrügen, erhält aber dafür keine Strafe, solange er das
Geld zurückzahlt.

In Interviews mit ihm scheint immer wieder seine menschenverachtende neoliberale Ideologie durch, die weit über reines Profitinteresse hinausgeht. Er verfolgt dabei die, tief im Kapitalismus verankerte sozialchauvinistische Ansicht, dass jede und jeder sich ein gutes Leben verdienen kann – wenn sie nur hart genug arbeiten und sich genug Mühe geben. Dass das totaler Quatsch ist müssen wir an dieser Stelle nicht weiter ausführen. Dieser Mythos „vom Tellerwäscher zum Millionär“ und die Vorstellung der Chancengleichheit, stehen in einem Grundlegenden Widerspruch zum System des Kapitalismus. In diesem herrscht das Gegenteil von Chancengleichheit oder anderen Traumvorstellungen. Wer Glück und reiche Eltern hatte, wird selbst reich. Wer kein alter weißer cis-Mann ist, hat von Grund auf deutlich schlechtere Chancen in diesem Land, sei es bei der Jobsuche, bei der Wohnungssuche, oder wo auch immer. Wer diese Kriterien nicht erfüllt, hat
automatisch schlechtere Chancen. Strukturelle Diskriminierung von nahezu allen anderen Gruppen der Gesellschaft – manche sind mehr, manche weniger betroffen – ist tief im System verankert. Der Mythos der Chancengleichheit und weitere Märchen, die uns Kapitalist*innen wie Gröner auftischen, dienen nur einem Zweck – sie sollen die Menschen kontrollierbar machen und sie scheinbar zufrieden machen. Von klein auf wird uns eingetrichtert, dass wir in unserem späteren Leben einen Job brauchen, möglichst mit Karriereaussicht, um möglichst viel Geld zu machen und
uns dem Konsum hingeben zu können.
Die meisten Menschen sehen also eine Chance, uns wird ein Ziel vorgesetzt, was viele ohne es zu hinterfragen annehmen, eine Chance aufzusteigen und auch ein „gutes Leben“ zu führen, wie diejenigen, die Schuld daran sind dass wir es nicht können. All jene, die sich dem System fügen und es befolgen, werden von Firmen wie Christoph Gröner mit besonders modernen Wohnungen belohnt, natürlich nicht, ohne sie dadurch mit unverschämt teuren Mieten trotzdem auszubeuten.

Wer sich dem System widersetzt, besetzte Häuser, Wagenplätze, was auch immer es sein mag, sind den Immobilienhaien also nicht nur aus dem rein praktischen Grund im Weg (sie blockieren Raum, um teure Mieten zu kassieren), sondern sie widersprechen auch grundlegend den Regeln des Kapitalismus und kämpfen gegen die menschenverachtende Ideologie und dieses System an. Sie zeigen, dass es ein schönes Leben geben kann, ein Leben abseits des Kapitalismus, abseits von Gier
und Profit. Würden sich unsere Utopien ausbreiten, wäre in dieser Welt kein Platz mehr für Menschen wie Christoph Gröner und die gesamte Branche der Immobilienwirtschaft.

Es ist nur die logische Folge, dass die Spekulant*innen und Makler*innen auch nach politischer Macht verlangen, um genau das zu verhindern. Sie biedern sich neoliberalen und konservativen Parteien an und nehmen deutliche Einfluss auf die Politik, um gute Bedingungen für den eigenen Profit zu schaffen. Alleine im Jahr 2020 erhielt die rechtskonservative CDU insgesamt 1.250.000€ (1.25 Millionen) aus der Immobilienbranche – 800.000€ davon kamen von Christoph Gröner. Auch die AfD erhielt in den vergangenen Jahren hunderttausende Euro aus der Immobilienwirtschaft.
Die Immobilienmakler*innen und Miethaie geben vor, Häuser und Wohnungen für alle zu bauen und behaupten, ihre Maßnahmen der Sanierung der Städte würden der Gesellschaft nutzen. Doch in Wahrheit machen sie all das nur für ihren eigenen Profit.Die Stadtteile im Leipziger Westen sind extrem beliebte Wohnorte für Zugezogene. Auch hier steigen deshalb die Mieten und es werden immer mehr Eigentums- und Luxuswohnungen gebaut oder saniert. Der oftmals schlechte Zustand von einfachen Mietwohnungen wird durch Renovierungen und Aufkauf durch große Immobilienfirmen zwar verbessert, nur können viele Bewohner*innen dann nicht mehr die gestiegenen Mietkosten bezahlen. Menschen, die schon ihr ganzes Leben in Lindenau und Plagwitz sind, können es sich plötzlich nicht mehr leisten, in ihrem Stadtteil zu leben.
In Lindenau lag der durchschnittliche Mietpreis 2020 bei 8,07€ pro m², 2023 schon bei 8,82€. In Plagwitz zeichnet sich noch eine drastischere Entwicklung ab: von 7,94€ pro m² stieg der Mietpreis innerhalb der letzten drei Jahre auf 9,17€. Das bedeutet eine Mietpreissteigerung in Lindenau von 9,3% und in Plagwitz von satten 15,5%, nur in den letzten drei Jahren. Diese unverhältnismäßige Preissteigerung hängt vor allem mit dem Aufkauf von Wohnhäusern durch Immobilienhaie zusammen, die die Wohnungen dann renovieren und deutlich teurer weiter vermieten oder zu Eigentumswohnungen umwandeln. Selbst Mietwohnungen, die noch nicht aufgekauft wurden, erfahren Mieterhöhungen. Durch den gestiegenen Mietpreisspiegel und eine hohe Nachfrage werden die Mieten trotzdem erhöht, obwohl keine Verbesserung innerhalb der Wohnungen stattfindet.

Durch die Gentrifizierung des Leipziger Westens werden damit nicht nur ihre Bewohner*innen vertrieben, sondern die lokalen Kulturstätten und Läden müssen abwandern oder gehen pleite. Obwohl die Karl-Heine-Straße in Leipzig für ihr vielfältiges Angebot an Kultureinrichtungen und für eine tolle Atmosphäre steht, hat sich das in den letzten Jahren durch die Gentrifizierung stark verändert. Stattdessen prägt jetzt ein Überangebot von ähnlichen Restaurants die Straße und das Straßenbild vereinheitlicht sich immer mehr. Da immer weniger Menschen sich im Leipziger Westen die Mieten leisten können, sinkt auch die Anzahl an Kund*innen und Spaziergänger*innen, die früher das abwechslungsreiche Stadtteilbild geprägt haben. Die Karl-Heine wirkt heute weniger wie eine belebte Straße voller Kunst und Kultur, sondern eher wie eine Restaurantmeile. Dieser Verlust an Begegnungsstätten und kulturellen Einrichtungen ist eine direkte Auswirkung der Gentrifizierung und der steigenden Mieten.

Mit dem Projekt “Plagwitzer Höfe” der Gröner Group und CG-Elementum wird seit 2007 Plagwitz weiter verschandelt. Unter der Überschrift “vielfältige und nachhaltige Stadtteilentwicklung” baut und saniert Christoph Gröner mit seinen Unternehmen ein riesiges Gebiet von Wohnungs- und Gewerbeflächen. Die asphaltierten Parkplätze und Einkaufsläden sind aber deutlich weniger nachhaltig als auf der Website steht. Die früheren Räume, die unter anderem einen beliebten Club beherbergten, sind jetzt Einkaufsläden, die es schon mehr als genügend in Plagwitz und Kleinzschocher gibt. Die Wohnkomplexe der Gröner Group werden die Mieten weiter nach oben treiben und das Stadtteilbild verunstalten.

Doch was dagegen tun? Nach jahrelangem Appell an die Stadt Leipzig hat sich endlich was getan. Die Stadt Leipzig hat im Juli 2020 sogenannte “soziale Erhaltungsgebiete” eingeführt. Dabei sollen bestimmte Gebiete und Stadtteile, die von besonders hoch steigenden Mieten betroffen sind, geschützt werden. Der “Soziale Erhaltungssatz” soll Sanierungen verhindern, die höhere Sanierungsstandards, bauliche Änderungen, Nutzungsänderungen oder Rückbauvorhaben vorsehen. Dafür muss dann eine extra Genehmigung der Stadt vorliegen. Die Sanierung von Wohnungen soll sonst den Mindeststandardanforderungen entsprechen, um die dort lebenden Menschen nicht durch zu hohe Mieten zu vertreiben. Auch hat die Stadt in diesen “sozialen Erhaltungsgebieten” das Vorkaufsrecht von Wohngebäuden. Seit 2020 sind Lindenau, Alt- Lindenau und 4 weitere Gebiete Teil dieser “sozialen Erhaltungsgebiete“. Im letztem Jahr wurden auch noch Plagwitz und Kleinzschocher hinzugefügt.
Doch dieser “soziale Erhaltungssatz” funktioniert leider nicht so gut wie gedacht. Die Stadt Leipzig nutzt zum einen ihr Vorkaufsrecht wegen zu wenig finanzieller Mittel viel zu selten und zum anderen ist die Überwachung und Kontrolle von Verstößen gegen die Genehmigungsauflagen extrem mangelhaft. Die Genehmigungsverfahren greifen außerdem nur bei Sanierungen von Wohnungen, sind also bei Neubauten absolut irrelevant.
Ein weiterer Mechanismus zur Regulierung des Mietpreises ist die Mietpreisbremse, die im Juli 2022 in Leipzig und Dresden in Kraft trat. Dabei darf die Miete zu Beginn eines neuen Mietverhältnisses den Mietpreisspiegel höchstens um 10% übersteigen. Doch auch dieser Beschluss hat bisher im Leipziger Westen noch keine große Wirkung gezeigt. Zusätzlich gilt die Bremse erst einmal nur bis 2025 und schon bestehende Mietverhältnisse sind davon ausgenommen.

Der Fall United Capital RE zeigt das skrupellose Geschäftsmodell vieler Immobilienfirmen. Die Firma kaufte mehrere Wohnungen, auch einige in den “sozialen Erhaltungsgebieten”, und wandelt diese dann in kleinere WGs um. Zum Teil soll der Geschäftsführer als Einzelperson die Wohnungen aufgekauft haben und durch den Vorwand des Eigenbedarfs, Entschädigungszahlungen oder Tauschwohnungen die Mieter rausgeschmissen haben. Nach baulichen Veränderungen und Sanierungen werden die einzelnen Zimmer als WGs mit separaten Mietverträgen vermietet. Oftmals liegt die Miete dann plötzlich bei 10-14€ pro m². Diese Veränderung des Grundrisses und der Sanierung ist in „sozialen Erhaltungsgebieten” ohne Genehmigung unzulässig. Jedoch wurde dem Unternehmen bisher nur einmal ein Verstoß nachgewiesen. Bewohner*innen dieser Häuser melden aber schon seit langem Verstöße durch das Unternehmen. Der Geschäftsführer Sven Schwarze und der ehem. Geschäftsführer Kevin Rader von United Capital sind wohl in mehreren Fällen die Eigentümer dieser Wohnungen.

Doch trotz all dieser Probleme gibt es auch noch Menschen im Leipziger Westen, die dagegen ankämpfen. Ob die Karl-Helga am Bürgerbahnhof, die vielen Syndikatshäuser oder Bürgerinitiativen und Organisationen, sie versuchen Lindenau und Plagwitz wieder zu ihrem alten Charme zu verhelfen und die Haie der Immobilienbranche zu skandalisieren und gegen sie anzukämpfen.
Gegen all diese Missstände und Probleme muss etwas getan werden. Das kann eben zum einen mit gemeinsamen Wohnprojekten, Syndikatshäusern oder Wagenplätzen passieren, zum anderen durch eine solidarische und gut vernetzte Nachbarschaftsgemeinschaft, die sich gegenseitig helfen und unterstützen kann.

Wir dürfen uns unsere Stadtteile nicht nehmen lassen, denn wir sind der Grund, warum sie leben!
Gegen Gentrifizierung in Lindenau, Plagwitz und überall!
18 Uhr | Lindenauer Markt